de-DEen-GB
Mikrostruktur
und mechanisches Verhalten des Schaumglases
 
von Dr. sc. techn. ETH Rudolf Trinkner
B.1. Modellschaumgläser und ihr mechanisches Verhalten
 
 
B.1.1. Das Bruchverhalten des Glasgrundmaterials des Schaumglases

Glas, aus dem das Grundmaterial des Schaumglases besteht, ist ein Festkörper, in welchem die Atome oder Moleküle - im Gegensatz zu den kristallinen Körpern - unregelmässig angeordnet sind. Darin liegt auch die Ursache seines spröden Bruchverhaltens und seiner Isotropie. Diese Erscheinung des Sprödbruches ist gekennzeichnet durch das Entstehen und schnelle Wachstum eines an der Oberfläche des Vollglases liegenden Anrisses. Man kann dabei in kontinuummechanischer Betrachtungsweise ein linear-elastisches Materialverhalten des Glasgrundmateriales des Schaumglases bis zum Bruch annehmen. Diese Betrachtungsweise des Bruchproblems spröder Materialien geht auf A.A. Griffith (1920) zurück (6).

Der Grundgedanken der Griffith-Theorie lautet in Worten ausgedrückt: "Bei instabiler Rissvergrösserung (die natürlich zum Bruch führt) muss die gesamte potentielle Energie abnehmen; d.h. es muss ein Ueberschuss der freigesetzten elastischen Energie über die benötigte Oberflächenenergie vorhanden sein."

Als Beispiel sei hier der in Bild Nr. 9 dargestellte Griffith-Riss behandelt, der in einer allseitig unbegrenzten unter dem äusseren einachsialen ebenen Spannungszustand stehenden Scheibe eingebettet ist.

Bild Nr. 9  Der Griffith-Riss in der ebenen Scheibe

Bezeichnet man mit E den Elastitizätsmodul und mit γo die spezifische Oberflächenenergie des Grundmaterials der Scheibe, so kommt es zum Bruch, sobald die äussere Beanspruchung er die kritische Spannung

10)

erreicht.

Die Brucherscheinung äussert sich im plötzlichen schnellen unbegrenzten Wachstum des anfänglichen Risses.

Die kritische Spannung σc ist viel kleiner als die theoretische Festigkeit, die sich aus den ionischen oder kovalenten atomaren Bindungen ergeben würde. Für Glas beträgt die spezifische Oberflächenenergie

 

 γo=5.5⋅10−4N/mm

 

und die praktische Risslänge kann dafür zu 3⋅10−3mm angenommen werden.

 
B.1.2. Die mechanischen Eigenschaften des Kugelschaumglases

Bild Nr. 10 zeigt eine Kugelpore in einem allseitig unbegrenzten linearelastischen Körper!

Bild Nr. 10  Die Kugelpore im elastischen Raum

Wirkt auf diesen Körper eine in x- und y- Richtung unendlich ausgedehnte äussere Flächenbelastung σ(z), so treten die grössten Hauptzugspannungen

11)

am Umfang des Grosskreises der Kugelpore auf, dessen Ebene normal zur Richtung der äusseren Beanspruchung σ(z) liegt.

Der Faktor auf der rechten Seite der soeben gegebenen Beziehung wird allgemein als Formzahl der Kugelpore genannt und kann aus der Querdehnungszahl ν des die Pore umgebenden elastischen Mediums gemäss der Formel

12)

bestimmt werden (7).

Während den weiteren hier folgenden theoretischen Untersuchungen kann man in sehr realistischer Weise von der Voraussetzung ausgehen, dass die Durchmesser der in die Vollglasmatrix des Kugelschaumglases eingebetteten Kugelporen sicher die Länge 2ao der Griffith-Flaws übersteigen. Dann liegen bei einer genügenden Flaw-Dichte im Bereiche der maximalen Hauptzugsspannungen =k σ(z) an den Oberflächen der Kugelporen mit Gewissheit Griffith-Flaws.

Da das makroskopische Bruchverhalten des Kugelschaumglases durch die Zugfestigkeit σc seines Grundmaterials aus Vollglas bestimmt ist, gilt im Einklang mit den Ausführungen in Abschnitt Nr. 1.1 für ihre Bestimmung die Hypothese von A.A. Griffith. Für den ebenen Spannungszustand gilt nach dieser Hypothese der Ausdruck

13)

der die Zugfestigkeit σc des Grundmaterials aus Vollglas des Kugelschaumglases mit seiner spezifischen Oberflächenenergie γo und seinem Elastizitätsmodul E sowie der halben Flawgrösse a verknüpft. Nach Smekal hängt γo auch vom umgebenden Medium ab (8).

Mit Einbezug der Voraussetzung der Unabhängigkeit der halben Flaw-Grösse a vom Porenanteil n* und unter Berücksichtigung der Relation Nr. 13 beträgt

die Festigkeit des Grundmaterials des Kugelschaumglases

14)

Bei Vernachlässigung des Einflusses der Wechselwirkung vieler Kugelporen 1) auf die Formzahl k erfolgt dann der Bruch im Kugelschaumglas mit dem Porenanteil n*, sobald (z) (siehe Bild Nr. 10) aus Gleichgewichtsgründen die Gleichung

15)

erfüllt. Dabei bedeutet (1 - n*) den Nettoquerschnitt im Kugelschaumglas. Substituiert man in obigem Ausdruck σ(z) durch das Symbol σB (n*) für die Zugfestigkeit des Kugelschaumglases und löst die obige Gleichung nach ihr auf, so erhält man die Gleichheit

16)

Diese Formel bleibt sogar richtig, wenn der Porenanteil n* des Kugelschaumglases gegen Null strebt, denn auch nur eine einzige Pore verursacht bereits eine deutliche Festigkeitsreduktion. Obwohl dies eigentlich nur für die im allseitig unbegrenzten Glaskörper eingeschlossene Kugelpore streng gilt, wurde später für die Formzahl k der Wert 2.0 verwendet.

Anhand von Dünnschliffen durch eine Kugelschaumglasprobe aus gesintertem Altglaspulver (gleiche Probe wie in Abschnitt Nr. 1.3.1, Kapitel A) konnte der Einklang obiger Näherungstheorie mit unseren Bedürfnissen nachgewiesen werden.

Nach Hasselman und Fulrath (9) gilt für den Elastizitätsmodul E (n*) des Kugelschaumglases mit dem Porenanteil n* der Ansatz

17)

  • 1)Dies würde mit einer kleinen Abweichung zutreffen, wenn die Abstände der Kugelporen etwa viermal dem Porendurchmesser betragen würden.

Für den Elastizitätsmodul E (n*) sowie den Schubmodul G (n*) eines porösen Materials mit geringem Porenanteil n* gibt V. Satava (10) die Formeln

18)

von Hashin an.

Mit Hilfe der Beziehungen von Hashin und der bekannten Gleichung kann leicht bewiesen werden, dass die Querdehnungszahl ν (n*) des Kugelschaumglases praktisch unabhängig von n* bleibt; d.h. es gilt mit genügender Genauigkeit

19)

 
B.1.3. Polyederschaumgläser
 
B.1.3.1. Annahmen und Hypothesen

Wie die Ausführungen in Kapitel A dieser Abhandlung zeigen, enthalten die Zellwandfolien der realen Polyederschaumgläser sehr viele Poreneinschlüsse und können damit als Kugelschaumglas idealisiert werden. Beispielsweise schwanken die Porenanteile n* der Zellwandfolien bei den Schaumglasarten 1 und 2 zwischen 16 % und 42 %. Es wurde auch gezeigt, dass das Grundmaterial der Zellwandfolien dem kompakten Gebrauchsglas entspricht, dessen Dichte zu ρGlas=2.48 angenommen werden kann.

Aufgrund der soeben erwähnten Fakten und im Hinblick auf das Ziel, den Rechenaufwand für die Voraussage der mechanischen Eigenschaften des Polyederschaumglases mittels eines Computers in einem vernünftigen Rahmen zu halten, werden in Zukunft seine aus Kugelschaumglas bestehenden Zellwandfolien als Kontinuum aufgefasst, das folgende mechanische Eigenschaften aufweisen soll:

  • 1)

    Die einachsige Zugfestigkeit des Kontinuums betrage im ebenen Spannungszustand

    20)

  • 2)

    Sein Elastizitätsmodul habe den Wert

    21)E(n)=E(n=0)e−3.95n

  • 3)

    Die Querdehnungszahl des Kontinuums sei

    22)ν(n)=ν(n=0)=0.21

In den obigen Formeln Nr. 20 bis und mit Nr. 22 werden im Blick auf die spätere Verwendung die bruchmechanischen und elastischen Kennwerte des Grundmaterials der als Kontinuum behandelten Kugelschaumglasfolien zu

  • σGM(n=0)=90N  /  mm2
  • E(n=0)=72´600N  /  mm2 und
  • ν(n=0)=0.21    angenommen

Diese Werte entsprechen einer Glasart, die i.a. die folgende chemische Zusammensetzung in Gewichtsprozenten aufweist:

73 % SiO2, 15 % Na2O, 10 % CaO, 1 % Al2O3 und 0,05 % Fe2O3.

Die in Abschnitt Nr. 2 dieses Kapitels experimentell bestimmten mechanischen Materialkennwerte wurden an Prüfkörpern gemessen, die aus Proben herausgearbeitet wurden, die aus Altglaspulver von ungefähr obiger chemischer Zusammensetzung geschäumt wurden. Daher scheinen obige Annahmen für das Grundmaterial der Kugelschaumglasfolien des Polyederschaumglases bezüglich eines späteren Vergleiches der theoretisch vorausgesagten und experimentell bestimmten Bruchfestigkeiten, Elastizitätsmoduln und Querdehnungszahlen vernünftig und sinnvoll.

Weiter wird für die künftige Ermittlung der Bruchfestigkeiten des Polyederschaumglases die Hypothese auf gestellt, wonach der Bruch im Polyederschaumglas auf der Oberfläche derjenigen Zellwandfolie aus Kugelschaumglas mit dem Porenanteil n* beginne, wo die grösste überhaupt im Schaumglas auftretende oberflächliche Hauptzugspannung gerade die Zugfestigkeit

16a)

der betreffenden als Kontinuum aufgefassten Wandfolie erreicht.

 
B.1.3.2. Das Modellschaumglas "TOP"
 
B.1.3.2.1. Die Vorstellung des Modells

Da als Folge der Hypothese in Abschnitt Nr. 1.3.1 dieses Kapitels die initialen Zerstörungen des Polyederschaumglases infolge beliebigen äusseren Beanspruchungen auf den Oberflächen der als Kontinuum aufgefassten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas beginnen, sollen die Spannungszustände auf diesen Flächen möglichst gut bekannt sein!

Um diese Beanspruchungszustände im Rahmen eines vernünftigen Aufwandes numerisch zu bestimmen, wurde daher von dem in Abschnitt Nr. 1.4.1 des Kapitels A erwähnten Idealschaumglas ausgegangen, bei dem die Mittelflächen der Zellwandfolien ein Zellwerk bilden, das aus lauter kongruenten Kelvin'schen Elementarpolyedern (auch α - Tetrakaidekahedron genannt) besteht. Dabei wurden nun aber alle doppeltgekrümmten sechseckigen Seitenflächen seiner Grundpolyeder zu ebenen Flächen deformiert. Durch diese Operation ergibt sich ein neues Polyederschaumglasmodell, das auf den Bildern Nr. 11 und Nr. 12 dargestellt wurde. Die Elementarpolyeder des Zellwerkes des neuen Polyederschaumglasmodells bestehen nun aus lauter kongruenten Abgeschnittenen Oktaedern (einer der dreizehn Archimedischen Körper). Ihre Gestalt wurde auf Bild Nr. 13 festgehalten. Aus diesem Grunde wollen wir das soeben gefundene Modellpolyederschaumglas Modellschaumglas "TOP" nennen 1).

Zwar sind im Modellschaumglas "TOP" die in den Bedingungen a) und b) von J. Plateau (siehe Abschnitt 1.2 des Kapitels A) angegebenen Winkel nicht mehr eingehalten! Da sich diese Abweichungen nur in den näheren Umgebungen der "Kanten" der Kelvinpolyeder bemerkbar machen, können sie vernachlässigt werden. Die Morphologie der einzelnen Abgeschnittenen Oktaeder, die als Elementarpolyeder das Modellschaumglas "TOP" aufbauen, kann durch die Symmetrie einer der 32 Kristallklassen (Punktgruppen) der Kristallographie beschrieben werden (11).

  • 1)"TOP" = Abkürzung für "Truncated Octahedron Plateau". "Truncated Octahedron" ist das englische Wort für Abgeschnittener Oktaeder.

Bild Nr. 11  Grund- und Aufriss des Modellschaumglases "TOP"

Bild Nr. 12  Schnitt B-B des Modellschaumglases "TOP"

Bild Nr. 13  Das Abgeschnittene Oktaeder als Elementarpolyeder des Modellschaumglases "TOP"

Mit Hilfe des Bildes Nr. 13 können die Symmetrieelemente der Punktgruppe dieser Abgeschnittenen Oktaeder auf folgende Weise beschrieben werden:

  • 1)Das Abgeschnittene Oktaeder besitzt drei vierzählige Drehachsen 1), die paarweise normal aufeinanderstehen und je durch die Schwerpunkte seiner gegenüberliegenden Quadratseitenflächen bestimmt werden;
  • 2)Das Polyeder weist aber auch vier dreizählige Drehachsen auf, deren Lagen je durch die Schwerpunkte seiner gegenüberliegenden Sechseckseitenflächen festgelegt werden;
  • 3)Das Elementarpolyeder weist dazu sechs zweizählige Drehachsen auf, die je durch die Mittelpunkte gegenüberliegender Schnittkanten je zweier seiner Sechseckseitenflächen bestimmt werden;
  • 4)Das Grundpolyeder hat auch neun Symmetrieebenen, die auf seinen zwei- oder vierzähligen Drehachsen je senkrecht stehen und immer seinen Schwerpunkt enthalten; und
  • 5)Ein Symmetriezentrum im Schwerpunkt des Polyeders.

Die soeben aufgezählten Symmetrieelemente bilden eine Punktgruppe oder Kristallklasse, die i.a. mit dem international gebräuchlichen Symbol m 3 m bezeichnet und zum kubischen Kristallsystem zugeordnet wird. Da das Hexakisoktaeder als allgemeine Form auch zu dieser Kristallklasse gehört, kann man diese Klasse oder Punktgruppe mit dem Synonym "Hexakisoktaedrische Klasse" bezeichnen.

Die Beschreibung des Modellschaumglases "TOP" mit den Bildern Nr. 11 bis und mit Nr. 13 zeigt, dass infolge des periodischen Aufbaues seines Zellwerkes alle für seine einzelnen herausgelösten Grundpolyeder soeben beschriebenen Symmetrieelemente auch auf das gesamte allseitig unbegrenzte Modellschaumglas "TOP" übertragen werden können. Man kann daher sagen, dass das Zellwerk des Modellschaumglases "TOP" auch zur Kristallklasse oder Punktgruppe m 3 m gehört.

In Abschnitt Nr. 1.3.2 des Kapitels A wurde am Beispiel des realen Polyederschaumglases gezeigt (siehe auch Bild Nr. 14), dass dort, wo drei Zellwandfolien sich normalerweise unter dem Gleichgewichtswinkel von 120° treffen, die

  • 1)Kommt ein Körper nach Drehung mit dem Winkel α =   um eine mit dem Körper festverbundene Gerade mit sich selbst zur Deckung, so nennt man diese eine "n - zählige Drehachse".

Bild Nr. 14  Der Schnittbereich dreier Zellwandfolien

Oberflächen mit sogenannten Plateauränder zylindrisch ausgerundet sind, im gleichen Abschnitt wurde auch festgestellt, dass im realen Polyederschaumglas die Zellwandfolien als aus Kugelschaumglas bestehend angenommen werden können. Aus diesem Grunde werden von jetzt an diese beiden Fakta mitberücksichtigt.

Für das Modellschaumglas "TOP" besteht ein einfacher Zusammenhang zwischen der Geometrie des Modells und dem Porenanteil nz=n⋅ω , der von allen Zellwandfolien aus Kugelschaumglas eingeschlossen wird.

Auf Bild Nr. 13 dieses Abschnittes wurde ein Elementarpolyeder unseres Modellschaumglases "TOP" dargestellt, dessen Zellwandmittelflächen ein Zellwerk bilden, das aus lauter solcher kongruenter "Abgeschnittener Oktaeder" aufgebaut ist. Bild Nr. 15 zeigt den Schnitt dieses Grundpolyeders und seiner Abschlusspartien mit der (y - z) oder (x - z) - Ebene.

Bild Nr. 15  Schnitt des Grundpolyeders des Modellschaumglases "TOP" mit der xz- oder yz - Ebene

Die auf die Volumeneinheit bezogene Mittelfläche der Wandfolien aus Kugelschaumglas des Modellschaumglases "TOP" beträgt

23)

Dabei bedeutet a die Kantenlänge der Grundpolyeder des Zellwerkes, das die Mittelflächen der Zellwandfolien des Modellschaumglases bilden.

Unter Vernachlässigung der in Bild Nr. 15 eingezeichneten Plateauränder mit dem Radius r und der Durchdringung je dreier Zellwandfolien der Stärke t im Bereich ihrer gemeinsamen "Schnittlinien” erhält man algebraisch die Komponente des gesamten Porenanteils n = 1-  eines Körpers aus dem Modellschaumglas "TOP", die auf die von den Zellwandfolien aus Kugelschaumglas eingeschlossenen Gasphasen entfällt zu

24)nZ=n⋅ω=1− SV⋅t

Berücksichtigt man aber den Volumenanteil der in Bild Nr. 15 eingezeichneten Plateauränder und den Einfluss der oben erwähnten Ueberschneidungen der Zellwandfolien, so kommen zur rechten Seite des obigen Zusammenhanges noch zwei zusätzliche Glieder hinzu! Es ergibt sich dann der Porenanteil der von den Zellwandfolien eingeschlossenen polyederförmigen Gasblasen zu

25)

Der Zusammenhang zwischen dem Porenanteil n des Modellschaumglases "TOP" und den in Kapitel A, Abschnitt Nr. 2, definierten Parametern nz und n* wird durch die einfache volumetrische Gleichung

26)n=n+(1−n)⋅nz

gegeben.

Trotz der Tatsache, dass die Kontur der bereits weiter oben eingeführten Plateauränder eigentlich nur vom Gasblasendruck und den Oberflächenspannungen während dem Schäumprozess abhängt, wurden die Radien der kreiszylinderförmig

angenommenen Plateauränder willkürlich zu

r = 2 t

festgelegt, wobei t die Stärke der ebenflächig angenommenen Wandfolien des Modellschaumglases bedeutet.

Begründung:

Bild Nr. 16  Mit Schnittkräften beanspruchter Plateaurand

Der Einfluss eines Biegemoments m sowie einer Normalkraft n auf den Spannungszustand im Plateaurand (siehe Darstellung auf Bild Nr. 16) wurde unter Zugrundelegung eines ebenen Verzerrungszustandes (EVZ) in der Normalebene zur Schnittlinie der Mitteiebenen dreier Zellwandfolien numerisch untersucht. Diese Voraussetzung eines ebenen Verzerrungszustandes ist sicher zulässig, da die Länge a der Schnittlinie der Mittelebenen dreier beliebiger benachbarter Kugelschaumwandfolien viel grösser als ihre Wandstärke t ist. Der Spannungszustand zeigte sich bei dieser Annahme r = 2 t so ausgewogen, dass ohne weiteres die Kerbwirkung des Plateaurandes praktisch vernachlässigt werden darf.

Würde jedoch im Gegensatz zu obiger Annahme r = 0 betragen, so bekäme man im Sinne Neubers eine Formzahl α, die beim Biegemoment m 1,62 und bei der Normalkraft n 1,69 betragen würde.

Folgerung aus obiger Annahme r = 2 t:

Da sich dann unter der Annahme r = 2 t die obige Gleichung Nr. 25 zum Ausdruck

27)

spezialisiert, erhält man unter Berücksichtigung des Zusammenhanges zwischen dem Porenanteil n und den Parametern nz und n* nach Gleichung Nr. 26 die Dichte des Polyederschaumglases zu

28)

 
B.1.3.2.2. Die Voraussage des mechanischen Verhaltens des Modellpolyederschaumglases "TOP" durch numerische Berechnung

Auf Grund der zeichnerischen Darstellung des Grund- und Aufrisses des Modellschaumglases "TOP" auf den Bildern Nr. 11 und Nr. 12 kann eingesehen werden, wie sein ganzes Zellwerk nicht nur durch die periodische Anordnung lauter kongruenter Abgeschnittener Oktaeder, sondern auch durch periodisches Aneinanderreihen von lauter kongruenter Flächenwerken, die wir Subeinheiten nennen wollen, beschrieben werden kann. Bild Nr. 17 zeigt eine solche Subeinheit.

Jede Teilfläche dieser Subeinheit fällt mit der Mittelfläche einer ganzen oder halben Zellwandfolie des Modellschaumglases zusammen. Deshalb kann durch eine beliebige Subeinheit ein zusammenhängendes ebenes Plattenwerk definiert werden, das wir als "Materielle Subeinheit" des Modellpolyederschaumglases bezeichnen wollen.

In den folgenden Unterabschnitten werden verschiedene seitlich unbegrenzte Flächenbelastungen untersucht, die das allseitig unbegrenzte Modellschaumglas "TOP" beanspruchen.

 
B.1.3.2.2.1. Belastung des Modellschaumglases "TOP" in Richtung z des Raumes

Bild Nr. 18  Die mit den Linienlasten ρ(z) aus der äusseren Belastung σ(z) beanspruchte Subeinheit des Modellschaumglases "TOP"

Jede Subeinheit des Zellwerkes aus den ebenen Mittelflächen der Zellwandfolien des allseitig unbegrenzten Modellschaumglases "TOP" ist gleichberechtigt. Deshalb kann jedes mit einer Subeinheit verbundene geeignete Koordinatensystem als ruhend betrachtet und damit für den ganzen Polyederschaumglaskörper als ruhendes Bezugssystem gewählt werden. Folglich wird bezüglich den weiteren Untersuchungen die in obigem Bild Nr. 18 dargestellte Subeinheit benutzt und das mit ihr verbundene Koordinatensystem x, y, z für den ganzen Modellschaumglaskörper als ruhendes Bezugssystem vorausgesetzt.

Grund- und Aufriss des Zellwerkes des Modellschaumglases (Bild Nr. 11 und Nr. 12) zeigen, wie die parallel zu den Achsen x, y, z des ruhenden Bezugssystems verlaufende Kanten (z.B. ) der Subeinheit je auf einer zweizähligen Drehachsee des ganzen Modellschaumglases liegen. Vor, während und nach Belastung des Modellschaumglases mit der in x- und y- Richtung unbegrenzten äusseren Flächenlast σ(z) bleiben die Symmetrieeigenschaften dieser Drehachsen erhalten und sie bleiben gerade.

Die z - Achse des mit der Subeinheit verbundenen Koordinatensystems x, y, z bleibt vor, während und nach der Belastung σ(z) eine vierzählige Drehachse des Modellschaumglases "TOP". Aus diesem Grunde brauchen die geometrischen Randbedingungen für die gedanklich aus seinem Zellwerk herausgelöste Subeinheit nur am Beispiele ihrer Ränder  ausführlich behandelt zu werden. Da jede Teilfläche der Subeinheit des Modellschaumglases eine Mittelfläche einer ebenen Zellwandfolie bildet, kommt ihr herauslösen aus dem Zellwerk des Modellpolyederschaumglases einem gleichzeitigen Herausschneiden eines aus ebenen Platten bestehenden Flächentragwerkes (= Materielle Subeinheit) gleich. Die Randbedingungen für die an den Schnitträndern dieses Tragwerkes auf tretenden Momente und Kräfte können aus den geometrischen Bedingungen mit Hilfe der Platten beziehungsweise Scheibentheorie gefunden werden.

Bild Nr. 19  Hexagonförmige ebene Zellwandfolie des Modellschaumglases "TOP"

Wie Bild Nr. 19 zeigt, ist die trapezförmige Fläche  der Subeinheit als Hälfte der Mittelfläche einer hexagonförmigen ebenen Zellwandfolie

(der Stärke t) des Modellpolyederschaumglases zu betrachten. In den Bildern Nr. 18, Nr. 19 und Nr. 20 wurde das mit der betrachteten Platte (= Zellwandfolie) fest verbundene rechtshändige Koordinatensystem 𝜉, η, ζ eingetragen, dessen Ursprung o′ im Mittelpunkt der Srecke BC liegt.

Bild Nr. 20  Schnitt der Materiellen Subeinheit des Modellschaumglases "TOP" mit der xz - Ebene

  • 1. Modellschaumglas unbelastet
  • 2. Modellschaumglas belastet

Bild Nr. 20  zeigt den Schnitt der betrachteten Hexagonplatte des Modellschaumglases "TOP" mit der xz - Ebene vor, während und nach der Belastung mit σ(z). Die Hexagonplatte erleidet infolge dieser äusseren Beanspruchung Starrkörperbewegungen und Formänderungen. Als Starrkörperbewegungen (siehe Bild Nr. 20) führt sie als ganzes eine Translation  und eine Rotation  (die Wirkungslinie des Vektors  verläuft parallel zur η - Achse) aus. Dabei verschiebt sich jeder Punkt P der Platte mit dem Fahrstrahl  (bei klein vorausgesetzten Betrag des Drehwinkels) in die neue Lage

29)

In Wirklichkeit verhält sich die bis jetzt als starr angenommene Platte (Zellwandfolie) idealelastisch. Sie wird sich als Element des Modellschaumglases "TOP" unter der äusseren Belastung σ(z) so verformen, dass an allen ihrer Ränder der geometrische Zusammenhang (Verträglichkeit) mit den anschliessenden Zellwandfolien (siehe Bild Nr. 20) gewährleistet bleibt. Infolge dieser Tatsache ist jedem Punkt P der Platte noch der Verschiebungsvektor  () zuzuordnen. Dieser kann als Relativverschiebung bezüglich des Koordinatensystems ξ, η, ζ interpretiert werden. Damit bewegt sich jeder Punkt P() der Platte1) in die neue Endlage

30)

Die - Achse des Koordinatensystems ξ, η, ζ fällt mit der durch die beiden Punkte B und C definierten zweizähligen Drehachse zusammen und besitzt die gleiche Richtung wie der Drehwinkel . Folglich verschwinden für alle Punkte P der η - Achse die Vektoren  () und das vektorielle Produkt  x  in obenstehender Beziehung. Das bedeutet, dass sich

  • 1)Ein ebener Flächenträger, der nur durch Kräfte in seiner Ebene beansprucht wird und dessen Mittelfläche bei der Formänderung eben bleibt, wird Scheibe genannt. Derselbe Körper wird als Platte bezeichnet, wenn er einer Belastung unterworfen ist, die eine Verwölbung der ursprünglich ebenen Fläche hervorruft. Ebene Flächenträger, welche gleichzeitig als Scheibe und als Platte beansprucht sind, werden auch als Platten bezeichnet.

alle Punkte P () auf der Strecke BC translatorisch um  s in die neue Endlage mit dem Fahrstrahl

31)

bewegen (  || η - Achse).

Die Komponentenschreibweise der jedem Punkt P (  =(ξ,η,ζ)) der Plattenmittelebene bezüglich dem System ξ, η, ζ zugeordnete Relativverschiebung lautet (siehe Bild Nr. 19)

(=(ξ,η,o))=(u(ξ,η,o),ν(ξ,η,o),w(ξ,η,o))

Die beiden Komponenten u und ν beschreiben die ebenen Verzerrungen der Plattenmittelebene (Scheibenbeanspruchung) und w die zu ihr normalen Durchbiegungen (Plattenbeanspruchung). Infolge der Zweizähligkeit der η - Achse des Systems ξ, η, ζ gelten für diese Verschiebungen u, ν und w die Symmetriebedingungen

32)
  • (a) u(ξ,η,o)=−u(−ξ,η,o)
  • (b) ν(ξ,η,o)=+ν(−ξ,η,o)
  • (c) w(ξ,η,o)=−w(−ξ,η,o)

Die Durchbiegungen w (ξ, η, o) weisen im Vergleich zur Plattenstärke t sehr kleine absolute Beträge auf. Daher können die durch sie veursachten Verzerrungen der Plattenmittelebene vernachlässigt werden. Das bedeutet, dass der ebene Spannungszustand der ursprünglich ebenen Platte (Membranspannungszustand aus Scheibenwirkung) durch die seitlichen Auslenkungen w (ξ, η, o) nicht beeinflusst wird. Dies kommt aber einer Entkoppelung des gemischten Problems aus Platten- und Scheibenwirkung gleich! Somit können die Randbedingungen für die Membranbeanspruchung (Scheibe) und die Biegebeanspruchung1) am Rand  der Materiellen Subeinheit getrennt formuliert werden.

  • 1)Es können aber für jeden Ort der Plattenberandung nur zwei Randbedingungen erfüllt werden.

Bild Nr. 21  Element dξ ⋅ dη⋅t der Hexagonplatte der Stärke t

  • Plattensteifigkeit :D =
  • E :Elastizitätsmodul,ν :Querdehnungszahl

Bild Nr. 21 zeigt das Element dξ ⋅ dη ⋅ t der betrachteten Hexagonplatte, deren Mitteifläche infolge der Flächenbelastung p (ξ,η) eine Durchbiegung w(ξ,η) erleidet. Diese beiden Grössen erfüllen die bekannte biharmonische Plattengleichung (12)

33)

sowie die Randbedingungen.

Da nur an den verschieblichen Rändern der betrachteten Platte Kräfte angreifen, betragen für alle ihre Punkte die Flächenbelastungen p (ξ,η)=0. Die Plattengleichung vereinfacht sich damit zur homogenen biharmonischen Gleichung

34)ΔΔw=0

Die am Plattenelement dξ⋅dη⋅t auf Bild Nr. 21 angreifenden und auf die Längeneinheit der Schnittfläche bezogenen Schnittkräfte betragen

35)

Aus Gleichung Nr. 32 c kann für ξ=0 auf das Verschwinden der zweiten partiellen Ableitung der Biegefläche w(ξ,η,o) nach der Variablen ξ geschlossen werden. Es gilt daher

36)w(0,η,o)=0

Die Tatsache, dass bei der hier betrachteten äusseren Belastung σ(z) die auf der η - Achse liegende Strecke der Plattenmittelebene gerade bleibt, manifestiert sich mit der Aussage

37)w(0,η,o)=0

Werden diese letzten beiden Bedingungen in die Gleichungen Nr. 33 eingesetzt, so ergeben sich die auf die Einheitslänge der Schnittfläche ξ=0 der Trapezplatte wirkenden Schnittmomente (Biegungsmomente und Drillungsmomente) zu

 

 mξ(o,η) = mη(o,η) = 0,

 

 mξη(o,η) 0  und die Scherkräfte zu

 

 qξ(o,η)0  sowie  qη(o,η)=0 ;

 

d.h. infolge Biegung greifen am Schnitt ξ=0 der Platte nur auf die Längeneinheit der Schnittfläche bezogene Scherkräfte qξ und Drillungsmomente mξη an.

Weiter obern wurde nachgewiesen, dass die Mittelebene der betrachteten Hexagonplatte (siehe Bild Nr. 19) infolge der äusseren Belastung σ(z) des Modellschaumglases nicht nur Durchbiegungen w(ξ,η) sondern auch ebene Verzerrungen (u(ξ,η),ν(ξ,η)) erleidet.

Bild Nr. 22

Bild Nr. 22 zeigt ein Element dξ ⋅ dη ⋅ t der betrachteten Hexagonplatte mit den an ihm angreifenden Membranspannungen σξη und τξηηξ

Diese Spannungen müssen die Gleichgewichtsbedingungen

38)

des ebenen Spannungszustandes erfüllen. Sie können mit der Funktion F (ξ, η) wie folgt ausgedrückt werden:

39)

F(ξ,η), die als sogenannte Airy'sche Spannungsfunktion benannt wird, hat die Scheibengleichung

40)ΔΔF=0

und sämtliche Randbedingungen des Problems zu erfüllen.

Die Scheibengleichung gilt für jeden isotropen Werkstoff der dem Hooke'schen

Gesetz gehorcht. In ihr sind die Gleichgewichtsbedingungen (Gleichungen Nr. 38), geomterischen Bedingungen und Spannungsdehnungsgleichungen in einer einzigen Differentialgleichung zusammengefasst.

Infolge den Symmetriebedingungen Nr. 32a und Nr. 32b verschwinden auf der Diagonalen der "Plattenmittelebene" auch die Winkeländerungen

41)

zwischen den Linienelementen dξ und dη ; d.h. es gilt γξη=0 .

Für die Platte aus idealelastischem Grundmaterial besteht die bekannte Relation

42)𝜏𝜉𝜂=𝐺⋅𝛾𝜉𝜂

zwischen den Schubspannungen τξη und den Winkeländerungen γξη mit G=  Folglich betragen für alle Punkte der Schnittfläche ξ=0 die Schubspannungen τξη(o,η)=0 .

Durch Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingung Nr. 38a kann somit bewiesen werden, dass auf allen Punkten der Schnittfläche ξ = 0 nur die Hauptnormalspannungen σξ(o,η)=f(η) und ση(o,η) = konstant auftreten können.

A priori kann festgestellt werden, dass auf der Längeneinheit des Randes der Materiellen Subeinheit variable Normalkräfte nξξ(o,η,ζ)⋅t , variable Scherkräfte qξ=qξ(o,η) und variable Drillungsmomente mξη=mξη(o,η) angreifen!

Somit kann die Strecke als eine geradebleibende Gelenklinie betrachtet werden!

Da die z - Achse der betrachteten Subeinheit mit einer vierzähligen Drehachse des Modellschaumglases "TOP" zusammenfällt und alle Subeinheiten gleichberechtigt sind, kann das soeben gesagte auf alle seine zu den Achsen x und y des ruhenden Bezugssystem x, y, z parallel verlaufenden Gelenklinien übertragen werden.

Wie der Grund- und Aufriss auf Bild Nr. 11 und Nr. 12 zeigen, liegt das ebene Dreieck  der Subeinheit in einer Symmetrieebene und seine Seite auf einer zweizähligen Drehachse des Modellschaumglases "TOP". Das Dreieck bildet somit die Hälfte der Mittelebene einer Quadratplatte der Materiellen Subeinheit der Stärke t (siehe Bild Nr. 23).

Bild Nr. 23  Schnitt der Subeinheit des Modellschaumglases "TOP" mit ihrer durch die Punkte C, G und C' bestimmten Symmetrieebene; S: Schwerpunkt

Bild Nr. 24  Die auf die Materielle Subeinheit des Modellschaumglases "TOP" wirkenden Schnittkräfte unter der äusseren Belastung σ(z)

Die obigen Symmetrieeigenschaften der betrachteten Quadratplatte gehen beim Aufbringen der Belastung σ(z) des Modellschaumglases nicht verloren. Aus diesem Grunde bleibt ihre durch das Dreieck CC'G bestimmte Mittelfläche als Teil der obigen Symmetrieebene eben. Sie erleidet nur eine Starrkörpertranslation  = (tx,ty=tx,o) 1) und zu ihrer Mittelebene symmetrische Verformungen.

Da die Diagonale der Mittelfläche der betrachteten Quadratplatte (Scheibe) auf einer zweizähligen Drehachse liegt, kann analog wie beim Rand der Materiellen Subeinheit (Rand der Hexagonplatte) nachgewiesen werden, dass an ihm nur auf die Längeneinheit bezogene variable Normalkräfte nn=nn(z) mit Wirkungslinien in Plattenmittelebene angreifen können.

Die z - Achse der Subeinheit bleibt vor, während und nach Belastung mit σ(z) eine vierzählige Drehachse des Modellschaumglases "TOP". Daher kann gefolgert werden, dass an allen vertikalen Rändern der Materiellen Subeinheit unter der äusseren Belastung σ(z) nur variable Normalkräfte nn(z) mit rechtwinklig zur z - Achse stehenden Wirkungslinien angreifen können.

Bild Nr. 24 zeigt eine Materielle Subeinheit des Modellschaumglases "TOP" unter der äusseren Belastung σ(z) . Ebenfalls wurden dort, die auf die Längeneinheit ihrer Ränder wirkenden Schnittkräfte nξ,qξ,mξη und nn eingetragen.

Wir versehen alle Ränder dieser Materiellen Subeinheit mit fiktiven Trägern, die keine zusätzlichen Zwängungen verursachen dürfen (siehe Bild Nr. 24)! Ein solcher Träger ist biegestarr (EJξ=EJζ=), torsionsweich (GJP=0) und zugweich (EF=0). Infolge diesen besonderen elastischen Eigenschaften der Randträger können die Beanspruchungen mξη,qξ,nξ und nn am Rand der unverstärkten Materiellen Subeinheit durch die an der verstärkten Materiellen Subeinheit angreifenden konstanten Linienlasten p(z), h und  ersetzt werden (siehe Bild Nr. 24a). Dabei werden die geometrischen Randbedingungen nach den Gleichungen Nr. 32 eingehalten.

  • 1)Die Wirkungslinie des Vektors fällt mit der durch die Punkte O und S definierten Geraden zusammen.

Bild Nr. 24a   Die mit den Linienlasten p(z) aus der äusseren Belastung σ(z) beanspruchte Materielle Subeinheit des Modellschaumglases "TOP"

Auf Bild Nr. 24a wurden sämtliche an den Rändern der verstärkten Materiellen Subeinheit in Richtung der Koordinatenachsen x, y, z angreifende Linienlasten eingetragen!

Da das Schaumglas nur durch die äussere Flächenlast σ(z) beansprucht wird, müssen die Summen aller in den Schnitten x=±a angreifenden Kräfte Xi verschwinden (ΣXi=o). Das Analoge gilt auch für die Schnitte y=±a. Dann beträgt

431))

In den Ebenen x = ± a und y = ± a der verstärkten Materiellen Subeinheit bilden die fiktiven Randträger biegestarre Rahmen. Daher kann gefolgert werden, dass der Wert  keinen Einfluss auf das Beanspruchungsbild

  • 1)

der so "verstärkten" Materiellen Subeinheit ausübt. Er kann somit für die weiteren Betrachtungen Null gesetzt werden. Es verbleiben dann nur noch die auf die Ränder der verstärkten Materiellen Subeinheit (siehe auch Bild Nr. 18) wirkenden vertikalen Linienlasten

44)p(z) = а ⋅ σ(z)

Gemäss der Hypothese in Abschnitt 1.3.1 dieses Kapitels kann σ(z) dann der Druckfestigkeit  oder Zugfestigkeit  in Richtung z des Raumes gleichgesetzt werden, wenn die maximale Hauptzugspannung an irgend einer Stelle der inneren Oberflächen der Polyederzellen des Modellschaumglases "TOP" die Bruchfestigkeit σB(n) der als Kontinuum aufgefassten Kugelschaumglasplatten der Zellwandungen erreicht.

Da Glas und somit die aus diesem Grundmaterial aufgebauten Kugelschaumglasfolien des Polyederschaumglases ein sprödes Bruchverhalten aufweisen (siehe Abschnitt 1.1) und somit kein Abbau örtlicher Spannungsspitzen infolge Plastifizierung des Grundmaterials wie bei duktilen Stoffen stattfinden kann, sollen die Spannungszustände auf den Oberflächen der Zellwandfolien (siehe Hypothese in Abschnitt 1.3.1) zur Ermittlung der Festigkeiten  beziehungsweise  möglichst genau bekannt sein.

Aus diesem Grunde wurde für die erforderliche Spannungsanalyse die verstärkte Materielle Subeinheit des Modellschaumglases unter Benutzung verschiedener Symmetrieebenen auf ein Sechzehntel, wie auf Bild Nr. 25  dargestellt, beschränkt. Die so reduzierte Materielle Subeinheit wurde anschliessend für die Beanspruchung σ(z) in 340 finite Elemente eingeteilt.

Da gemäss Gleichung Nr. 28 in Abschnitt Nr. 1.3.2.1 die Dichte ρ des Modellschaumglases "TOP" neben der Dichte ρGlas seines Glasgrundmaterials nur vom Verhältnis  und vom Porenanteil n* der Kugelschaumglasfolien alleine abhängt, wurde für die Bestimmung der Bruchfestigkeiten  und  bei nullgesetztem Porenanteil n* jeweils nur das Verhältnis  variiert (d.h. eigentlich nur die Dichte ρ). Die entsprechenden Werte  und  für andere Werte n≠0 konnten infolge der Oberflächenhypothese proportional umgerechnet werden. Die Zugfestigkeiten der als Kontinuum betrachteten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas wurden dabei gemäss Abschnitt Nr. 1.3.1 zu

45)

angenommen.

In der Tabelle auf Seite 52 wurden die auf diese Weise ermittelten Ergebnisse für die Festigkeitswerte  (n,ρ) und  (n,ρ) zusammengestellt und in Bildern Nr. 26 und Nr. 27 graphisch dargestellt.

Besitzt die Zugfestigkeit  (n=0) des Glasgrundmaterials der Zellwandfolien nicht den hier für die Berechnung der Tabellenwerte und dem Aufzeichnen der Schaubilder für die Druckfestigkeiten und Zugfestigkeiten in Richtung z des Raumes angenommenen Wert von 90 N ⁄ mm2, sondern irgend einen anderen Wert  (n=0),so müssen die entsprechenden Tabellenwerte und die Ordinaten in den dazugehörenden Diagrammen nur mit dem Korrekturfaktor  multipliziert werden.

Bild Nr. 25  Aufteilung der durch Ausnutzung der Symmetrie reduzierten verstärkten Materiellen Subeinheit des Modellschaumglases "TOP" in 340 finite Elemente.

Bild Nr. 26   Die Druckfestigkeiten des Modellschaumglases "TOP"

Bild Nr. 27  Die Zugfestigkeiten des Modellschaumglases "TOP”

 
B.1.3.2.2.2. Belastung des Modellschaumglases "TOP" in Richtung x- oder y des Raumes

Bild Nr. 28  Die mit der Linienlast p(x) aus der äusseren Belastung σ(x) beanspruchte Subeinheit des Modellschaumglases "TOP"

Hier wird das Modellschaumglas "TOP" bezüglich dem in seinem Grund-und Aufriss in Bild Nr. 11 eingetragen kartesischen Koordinatensystem xyz in Richtung x des Raumes mit der in y- und z- Richtung unbegrenzten Flächenlast σ(x) beansprucht. Bei dieser Belastungsart liegen alle Kanten der in Bild Nr. 28 dargestellten Subeinheit vor, während und nach der Belastung auf zweizähligen Drehachsen. Dies ist - analog zu den Ausführungen im vorhergehenden Abschnitt - gleichwertig mit der Betrachtung aller Randlinien unserer Subeinheit als Teil einer Gelenkgeraden. Daher können auch hier alle Ränder der Materiellen Subeinheit mit den gleichen fiktiven Trägern verstärkt werden wie beim Belastungsfall σ(z).

Für die Ermittlung der Spannungen in der "verstärkten" Materiellen Subeinheit brauchen dann nur die an ihren Kanten angreifenden horizontalen konstanten

Linienlasten

46)

berücksichtigt zu werden (siehe Bild Nr. 28).

Gemäss der Hypothese in Abschnitt Nr. 1.3.1 dieses Kapitels kann σ(x) dann der Druckfestigkeit  oder Zugfestigkeit  in Richtung x des Raumes gleichgesetzt werden, wenn die maximalen Hauptzugspannungen an irgend einer Stelle der inneren Oberflächen der Polyederzellen des Modellschaumglases "TOP" die Bruchfestigkeit σB(n) der als Kontinuum aufgefassten Platten der Zellwandungen erreicht.

Da aus Symmetriegründen die Richtungen x und y des Raumes gleichwertig sind, gilt das oben gesagte auch für eine seitlich unbegrenzte Flächenlast σ(y) in Richtung y des Raumes. Dies bedeutet die Gleichheiten

 =

 für die Druckfestigkeiten

beziehungsweise

 = 

für die Zugfestigkeiten des Modellschaumglases "TOP".

Da Glas und somit die aus diesem Grundmaterial aufgebauten Kugelschaumglasfolien des Polyederschaumglases ein sprödes Bruchverhalten aufweisen (siehe Abschnitt Nr. 1.1), müssen die Spannungszustände auf den Oberflächen der Zellwandfolien zur Ermittlung der Festigkeiten  beziehungsweise  genau bekannt sein.

Aus diesem Grunde wurde für die dazu erforderliche Spannungsanalyse die verstärkte Materielle Subeinheit unter Ausnutzung verschiedener Symmetrieebenen auf ein Achtel, wie auf Bild Nr. 29 dargestellt, beschränkt. Die so reduzierte Subeinheit wurde anschliessend für die Beanspruchung σ(x) in 584 finite Elemente eingeteilt.

Da gemäss Gleichung Nr. 28 in Abschnitt Nr. 1.3.2.1 die Dichte ρ des Modellschaumglases "TOP" neben der Dichte ρGlas seines Grundmaterials nur vom Verhältnis  und vom Porenanteil n* der Kugelschaumglasfolien alleine abhängt, wurde für die Bestimmung von  =  und  =  bei nullgesetztem Porenanteil n* jeweils nur das Verhältnis  variiert, d.h. eigentlich nur die Dichte ρ .

Die entsprechenden Festigkeiten  =  und  =  für andere Werte n≠0 konnten infolge der Oberflächenhypothese proportional umgerechnet werden. Die Zugfestigkeiten der als Kontinuum betrachteten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas wurden dabei gemäss Abschnitt Nr. 1.3.1 zu

47)

angenommen.

In der Tabelle auf Seite 52 wurden die auf diese Weise ermittelten Ergebnisse für die Festigkeitswerte  =  und  =  zusammengestellt und in den Bildern Nr. 26 und Nr. 27 graphisch dargestellt.

Besitzt die Zugfestigkeit (n=0) des Glasgrundmaterials der Zellwandfolien nicht den hier für die Berechnung der Tabellenwerte und dem Aufzeichnen der Schaubilder für die Druckfestigkeiten und Zugfestigkeiten in Richtung y oder x des Raumes angenommenen Wert von 90 N/mm2, sondern irgend einen anderen Wert (n=0),so müssen die entsprechenden Tabellenwerte und die Ordinaten in den dazugehörenden Diagrammen nur mit dem Korrekturfaktor multipliziert werden.

Bild Nr. 29  Aufteilung der durch Ausnutzung der Symmetrie reduzierten verstärkten Materiellen Subeinheit des Modellschaumglases "TOP", in 584 finite Elemente

 
B.1.3.2.2.3. Die Ermittlung der Schubfestigkeiten des Modellschaumglases "TOP"

Für jede beliebige Schnittebene E𝚒 durch das allseitig unbegrenzte Modellschaumglas "TOP" kann eine äussere Belastungskonfiguration gefunden werden, die in ihr eine reine Schubbeanspruchung τ𝚒 verursacht, nach der Oberflächenhypothese in Abschnitt Nr. 1.3.1 dieses Kapitels kann τ𝚒 dann der Schubfestigkeit τB𝚒 gleichgesetzt werden, wenn die maximale Hauptzugspannung an irgend einer Stelle der inneren Oberflächen der Polyederzellen des Modellschaumglases die Zugfestigkeit σB(n) der als Kontinuum aufgefassten Kugelschaumglasplatten der Zellwandungen erreicht. Da unbegrenzt viele Lagen der Schnittebenen durch das Modellschaumglas "TOP" existieren, sollte eigentlich nach dem kleinstmöglichen Wert τB𝚒 gefragt werden. Dieser müsste dann als Schubfestigkeit des Modellschaumglases definiert werden!

Hier soll nur eine Grobschätzung der Schubfestigkeiten erfolgen! Deshalb beschränken wir uns auf die zweiachsigen äusseren Beanspruchungen σ(x)und σ(z)=−σ(x). Diese können als Hauptspannungen aufgefasst werden und wurden - wie Bild Nr. 30 zeigt - auf die x - und z - Achse der Subeinheit des Modellschaumglases bezogen.

Bild Nr. 30

Die Ebene E(φ), deren in der (x,z) - Ebene liegende Normale n mit der x - Achse den Winkel φ einschliesst, wird durch die Normalspannungen σ und die Schubspannungen τ beansprucht. Die Beträge dieser Spannungen können am dazugehörenden Mohr'schen Spannungskreis als Koordinaten

des Punktes E' abgelesen werden. Der Spannungskreis auf Bild Nr. 30 zeigt, dass die Lagen der Ebenen reinen Schubes durch die auf die x - Achse der Subeinheit bezogenen Normalenwinkel φ=450 respektive φ=1350 festgelegt sind. Auf diese Weise wurden die normal aufeinanderstehenden Ebenen reinen Schubes E(φ=450) und E(φ=1350) gefunden. Die auf diese beiden Ebenen bezogenen Schubfestigkeiten weisen den gleichen Betrag auf.

Werden die Komponenten σ(z) und σ(x)=−σ(z) der bereits behandelten äusseren Beanspruchungen durch ihre entgegengesetzt gleichen Werte −σ(x) und −σ(z) ersetzt, so erhält man in Bezug auf die normalspannungsfreien Ebenen E(φ=450) und E(φ=1350) eine vom früheren Wert verschiedene Bruchfestigkeit 

Die für die Ermittlungen der Schubfestigkeiten  und  notwendigen Spannungsanalysen wurden am, auf Bild Nr. 29 dargestellten, "Achtel der verstärkten Materiellen Subeinheit" durchgeführt. Dabei wurde auch die gleiche Einteilung in 584 finite Elemente benutzt.

Da gemäss Gleichung Nr. 28 in Abschnitt Nr. 1.3.2.1. die Dichte ρ des Modellschaumglases "TOP" neben der Dichte ρGlas seines Grundmaterials nur vom Verhältnis  und vom Porenanteil n der Kugelschaumglasfolien alleine abhängt, wurde für die Bestimmung von  und  bei nullgesetztem Porenanteil n jeweils nur das Verhältnis  variiert; d.h. eigentlich nur die Dichte ρ. Die entsprechenden Festigkeiten  und   für andere Werte n≠0 konnten infolge der Oberflächenhypothese proportional umgerechnet werden. Die Zugfestigkeiten der als Kontinuum betrachteten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas wurden dabei gemäss Abschnitt 1.3.1 zu

48)

angenommen.

In der Tabelle auf Seite 52 wurden die auf diese Weise ermittelten Schubfestigkeiten  und zusammengestellt und auf Bild Nr. 31 graphisch dargestellt.

Besitzt die Zugfestigkeit  (n=0) des Glasgrundmaterials der Zellwandfolien nicht den hier für die Berechnung der Tabellenwerte und das Aufzeichnen der Schaubilder für die Schubfestigkeiten  und angenommenen Wert von 90 N/mm2, sondern irgend einen anderen Wert  (n=0),so müssen die entsprechenden Tabellenwerte und die Ordinaten in den dazugehörenden Diagrammen nur mit dem Korrekturfaktor  multipliziert werden.

Bild Nr. 31  Die Schubfestigkeiten des Modellschaumglases "TOP“

 
B.1.3.2.2.4. Die elastischen Eigenschaften des Modellschaumglases "TOP"

Die Mittelflächen der Zellwandfolien des Modellschaumglases "TOP" bestehen aus den Oberflächen seiner periodisch angeordneten Elementarpolyeder. Da das integrale elastische Verhalten des Modellschaumglases "TOP" nur durch das Verhalten der einzelnen miteinander verträglichen kongruenten Materiellen Grundpolyeder bestimmt ist, können diese Materiellen Elementarpolyeder - unabhängig von ihrem inneren Aufbau - analog wie Einkristalle in der Kristallphysik behandelt werden.

Auf Grund der Symmetriebetrachtungen in Abschnitt Nr. 1.3.2.1. kann im Modellschaumglas "TOP" in parallelen Richtungen gleiches mechanisches Verhalten erwartet werden. Aus diesem Grunde kann das Modellschaumglas "TOP" als homogener anisotroper Körper bezeichnet werden. Solche kommen in der Natur als Kristalle vor.

Wie kann von den Symmetrieeigenschaften des Modellpolyederschaumglases "TOP" auf sein elastisches Verhalten geschlossen werden?

Eine Antwort auf diese Frage gibt das Prinzip von Neumann (13), das eigentlich nur für Kristalle aufgestellt wurde.

Es lautet:"Die Symmetrieelemente irgend einer physikalischen Eigenschaft eines Kristalles müssen die Symmetrieelemente der Punktgruppe (= Kristallklasse) des Kristalls enthalten."

Falls die Beziehung zwischen zwei physikalischen Eigenschaften eines Körpers in Richtung einer festen Achse nach Ausführung einer bestimmten Symmetrieoperation unverändert bleibt, so sagt man, die betreffende Grösse besitze dieses Symmetrieelement.

Beim Modellschaumglas "TOP" enthalten die Symmetrieelemente der elastischen Eigenschaften die Symmetrieelemente der Punktgruppe m 3 m des kubischen Kristallsystems.

Bezogen auf das rechtshändige kartesische Koordinatensystem (x1,x2,x3) auf Bild Nr. 13 lautet in Matrixschreibweise der Zusammenhang zwischen dem als Vektor geschriebenen Spannungstensor und dem als Vektor aufgefassten Verzerrungstensor

49).

Dabei lautet die Matrix der Elastizitätsmoduln cij unter Berücksichtigung der Punktgruppe m 3 m (Kristallklasse) unseres Modellschaumglases "TOP"

50).

Die Komponenten des Spannungsvektors beziehungsweise Verzerrungsvektors werden durch folgende Gleichheiten umbenannt:

51).

respektive

52).

Die Komponenten σij des Vektors  wurden im Volumenelement des Bildes Nr. 32 eingetragen, dabei gilt bei Abwesenheit von Körperdrehmomenten aus Gleichgewichtsgründen

53).σij = σji

Bild Nr. 32  Volumenelement des als Kontinuum aufgefassten Modellschaumglases "TOP"

Die Verzerrungskomponenten εij werden durch die Gleichungen

54).

und

55).

Bestimmt1).

  • 1)eij bedeuten die beiden Komponenten eines Tensors [eij] 2. Stufe, der folgendermassen in den symmetrischen Verzerrungstensor [εij] und in den antimetrischen Tensor , der eine Starrkörperrotation bedeutet, zerlegt werden kann:



eij bedeutet hier die Ableitung der Verschiebung ui=f (x1,x2,x3) eines Punktes in Richtung Xinach der Koordinate Xj.

Die Werte für die Elastizitätsmoduln c11,c12 und c44 können - wie später ausgeführt - an der oben definierten Subeinheit mittels des Zusammenhanges nach Gleichung Nr. 49 numerisch für verschiedene Verhältnisse bei n* = 0 bestimmt werden.

Wirkliche Schaumgläser verhalten sich in elastischer Hinsicht isotrop; d.h. sie besitzen einen Elastizitätsmodul E und eine Querdehnungszahl ν.

Wie kann man auf Grund der Elastizitätsmoduln cij jdes homogenen - anisotropen Modellschaumglases "TOP" auf die Elastizitätzahlen E und des quasiisotropen Polyederschaumglases schliessen?

Eine Antwort auf diese Frage gibt uns ein Verfahren, das Voigt 1928 vorschlug, um die Elastizitätsmoduln Eund die Querdehnungszahlen eines polykristallinen Aggregates aus den Elastizitätsmoduln cij eines Einkristalles zu finden (14).

Er mittelte die Beziehung zwischen Spannung und gegebener Dehnung aus. Dabei wurde vorausgesetzt, dass der Dehnungszustand gleichförmig durch das Kristallaggregat verlaufe. A priori kann ein beliebiger Materieller Elementarpolyeder unseres Polyederschaumglases wie ein Einkristall behandelt werden.

Aus den Werten c11,c12 und c44 des Modellschaumglases "TOP" erhalten wir mit

56)

und

57)

Für das quasi-isotrope Polyederschaumglas den Elastizitätsmodul zu

58)

und die Querdehnungszahl

59)

Simultan zur Ermittlung der Bruchfestigkeiten in Richtung z beziehungsweise x oder y des Raumes konnten für verschiedene Belastungsanordnungen die Zusammenhänge zwischen Beanspruchung und Deformation des aus der Umrandung der Subeinheit gebildeten Quaders festgesteilt werden und damit die Elastizitätsmoduln des Modellschaumglases "TOP" c11,c12 und c44 für verschiedene Werte bei jeweils nullgesetztem Porenanteil ngewonnen werden. Für andere Werte des Porenanteils n*konnten die dazugehörigen Werte cijproportional umgerechnet werden. Die Elastizitätsmoduln und die Querdehnungszahlen der als Kontinuum betrachteten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas wurden dabei gemäss Abschnitt Nr. 1.3.1 zu

und

ν(n)=ν(n=0)=0.21

angenommen.

Diese Werte c11,c12 und c44 des homogenen anisotropen Modellschaumglases "TOP" und die aus ihnen nach Voigt bestimmten Elastizitätsmoduln Eund Querdehnungszahlen ν für das quasi-isotrope Polyederschaumglas wurden auch in der Tabelle auf Seite 52 eingetragen. Die Zusammenhänge zwischen der Dichte ρ des quasi-isotropen Polyederschaumglases und seinen Elastizitätsmoduln E und Querdehnungszahlen ν wurden in den Bildern Nr. 33 und Nr. 34 graphisch dargestellt.

Weist der Elastizitätsmodul E(n∗=0) des Glasgrundmaterials der Zellwandfolien nicht den hier für die Berechnung der Tabellenwerte c11,c12,c44,EV und νV und dem Aufzeichnen der Schaubilder für die Elastizitätsmoduln EV und Querdehnungszahlen νV angenommenen Wert 72'600 N/mm2, sondern irgend einen anderen Wert E̅(n=0) auf, so müssen die entsprechenden Tabellenwerte und die dazugehörenden Diagramme nur mit dem Korrekturfaktor multipliziert werden.

Bild Nr. 33.  Der Elastizitätsmodul des Modellschaumglases "TOP"

Bild Nr. 34.  Die Querdehnungszahl des Modellschaumglases "TOP"

 
B.1.3.3. Das Modellschaumglas "BETA"
 
B.1.3.3.1. Vorstellung des Modells

In Abschnitt Nr. 1.4.2. des Kapitels A wurde ein Idealschaumglas erwähnt, dessen Zellwerk aus lauter kongruenten β-Tetrakaidekahedrons als Grundpolyeder gebildet wird! Die prozentuale Verteilung der vier-, fünf- und sechseckigen Teilflächen seines Zellwerkes entspricht ungefähr den Beobachtungen in der Natur.

Bild Nr. 35.  Grundpolyeder des Modellschaumglases "BETA"

Das β -Tetrakaidekahedron in Bild Nr. 5c kann so "deformiert" werden, dass alle krummlinigen "Kanten" gerade und sämtliche gekrümmten Flächen

(Minimalflächen) eben werden. Bild Nr. 35 zeigt das auf diese Weise gewonnene Polyeder. Es besitzt 22 Flächen, 24 Ecken und 44 Kanten und soll künftig als β - Flächner benannt werden.

Seine Abmessungen wurden so gewählt, dass er als Elementarpolyeder das raumerfüllende Zellwerk eines Modellpolyederschaumglases aufbauen kann. Bild Nr. 36 zeigt im Grund- und Aufriss das so erhaltene Modellschaumglas "BETA". Der β - Flächner weist folgende Symmetrieelemente auf:

  • 1)drei mit den Koordinatenachsen x, y und z zusammenfallende zweizählige Drehachsen;
  • 2)die drei durch die Koordinaten x, y und z definierten Symmetrieebenen xy, xz und yz; und
  • 3)ein mit dem Schwerpunkt des Polyeders zusammenfallendes Symmetriezentrum.

Diese Symmetrieelemente bilden eine Punktgruppe (Kristallklasse), die mit den international bekannten Symbolen mmm oder 2/mm bezeichnet werden kann. Sie wird dem Orthorhombischen Kristallsystem zugeordnet und gilt natürlich auch für das Zellwerk des allseitig unbegrenzten Körpers aus Modellschaumglas "BETA".

Wie beim Modellschaumglas "TOP" werden auch hier die Plateauränder (siehe Bild Nr. 14) und die Tatsache, dass die Zellwandfolien aus Kugelschaumglas bestehen, berücksichtigt.

Die auf die Volumeneinheit bezogene Mittelfläche der Wandfolien des Modellpolyederschaumglases "BETA" beträgt

60)

Dabei bedeutet a die Länge, die zur Beschreibung der Grundpolyeder des Zellwerkes, das die Mittelflächen der Zellwandfolien des Modellschaumglases bilden, verwendet wird. Unter Vernachlässigung der Plateauränder mit dem Radius r und der Durchdringung der ebenen Zellwandfolien der Stärke t im Bereiche ihrer gemeinsamen "Schnittlinien" erhält man algebraisch die Komponente des gesamten Porenanteils n = 1-  eines Körpers aus dem Modellschaumglas "BETA", die auf die von den Zellwandfolien aus Kugelschaumglas eingeschlossenen polyedrischen Zellblasen entfällt zu

61)nz=n⋅ω=1−SV⋅t

Berücksichtigt man aber noch den Einfluss der kreiszylinderförmig angenommenen Plateauränder mit dem Kreiszylinderradius r (siehe Bild Nr. 14), so ergibt sich der Ausdruck

62)

Aus denselben Gründen wie beim Modellschaumglas "TOP" werden auch hier die Radien der kreiszylinderförmigen Plateauränder zu r=2t angenommen. Damit vereinfacht sich die Gleichung Nr. 62 zum Ausdruck

63)

Nach dieser Beziehung und des aus Gleichung Nr. 4 in Kapitel A folgenden Zusammenhanges

64)n=n*+(1-n*)⋅nz

zwischen dem Porenanteil n des Polyederschaumglases und seinen Parametern n* und nz beträgt die Dichte des Modellschaumglases "BETA"

65)

 
B.1.3.3.2. Die Bruchfestigkeiten und die Elastizität des Modellschaumglases "BETA"

Wie Grund- und Aufriss auf Bild Nr. 36 zeigen, kann das aus den Mittelflächen der Zellwandfolien des Modellschaumglases "BETA" gebildete Zellwerk nicht nur durch seine kongruenten Elementarpolyeder (β - Flächner), sondern auch durch eine gesetzmässige Anordnung von lauter kongruenter Subeinheiten beschrieben werden. Bild Nr. 37 zeigt eine solche Subeinheit!

Bild Nr. 37.  Subeinheit des Modellschaumglases "BETA"

Der Einfachheit halber soll der allseitig unbegrenzte Modellschaumglaskörper nur durch die in x- und y- Richtung unbegrenzte Flächenlast σ(z) beansprucht werden (siehe Bild Nr. 37)!

Jede aus dem Zellwerk des Modellschaumglases "BETA" gebildete Subeinheit erfährt bei σ(z) als Ganzes eine Starrkörperverschiebung und Formänderungen. Da alle Subeinheiten gleichberechtigt sind, kann jedes mit einer solchen Subeinheit verbundene Koordinatensystem x,y,z als ruhend betrachtet werden. Dann können die obigen Formänderungen als Relativverschiebungen gegenüber dem System x,y,z gedeutet werden.

Ein Beobachter kann feststellen (siehe Bild Nr. 36), dass vor, während und nach Belastung mit σ(z)

  • 1)die vertikalen Ränder (z.B. ) der Subeinheiten auf zweizähligen Drehachsen liegen und
  • 2)ihre Eckpunkte A, B, C, D beziehungsweise A', B', C', D' je ein Quadrat definieren.

Diese beiden Fakten zeigen auch, wie jeder vertikale Rand der Subeinheit bei der Belastung σ(z) gerade bleibt und sich nur in der durch seine ursprüngliche Lage und dem Ursprung des mit der Subeinheit verbundenen Koordinatensystems x,y,z bestimmten Ebene relativ verschieben kann.

Wie beim Modellpolyederschaumglas "TOP" in Abschnitt Nr. 1.3.2 können die vertikalen Ränder der Subeinheit des Modelles "BETA" (z.B. ), die ja alle auf zweizähligen Drehachsen liegen, als sogenannte Gelenklinien aufgefasst werden. Sie fallen mit den vertikalen Diagonalen der aus den Mittelflächen der vertikalen hexagonförmigen Zellwandfolien gebildeten regulären Hexagone zusammen. Somit werden bei der äusseren Flächenbelastung σ(z) die vertikalen Ränder (z.B. ) der dazugehörenden Materiellen Subeinheit - siehe Bild Nr. 37 - pro Längeneinheit nur durch die variablen Normalkräfte nξ und die variablen Drillmomente mξη und Scherkräfte qξ beansprucht, während die Biegemomente mξ verschwinden1).

Für die weiteren Betrachtungen wird die sinnvolle Annahme getroffen, dass die Kanten der Subeinheit, welche die Seiten der Quadrate ABCD und A'B'C'D' bilden, auf Gelenkgeraden lägen! Infolge dieser willkürlichen Annahme, die mit der Wirklichkeit nicht genau übereinstimmt, können an den horizontalen Rändern der dazugehörenden Materiellen Subeinheit (z.B.) nur variable Normalkräfte n̅ξ, variable Drillmomente m̅ξη und Scherkräfte q̅ξ angreifen (siehe Bild Nr. 38).

Nach dem soeben Gesagten können somit alle horizontalen und vertikalen Ränder der Materiellen Subeinheit des Modellschaumglases "BETA" wie beim Modell "TOP" mit fiktiven Randträgern (EF=0,GJP=0,EJ=∞) verstärkt werden2), ohne dass irgendwelche Zwängungen entstehen. Bei den horizontalen fiktiven Randträgern trifft dies natürlich nur näherungsweise zu. Schneidet man in Gedanken eine solche verstärkte Materielle Subeinheit aus dem Modellschaumglas "BETA", so erzwingen diese Randträger - wie beim Modell "TOP" - ihre geometrische Verträglichkeit mit den übrigen verstärkten Materiellen Subeinheiten des Schaumglases, wobei die Spannungs-und Verformungszustände in der Materiellen Subeinheit nicht beeinflusst werden.

  • 1)Gleiche Ueberlegungen wie beim Modell "TOP"
  • 2)Diese vertikalen Randträger besitzen in Bezug auf das mit der Subeinheit verbundene Koordinatensystem x,y,z a priori nur einen Freiheitsgrad.

Bild Nr. 38.  Die auf die Materielle Subeinheit des Modellschaumglases "BETA" wirkenden Schnittkräfte unter der äusseren Belastung σ(z)

Analog wie beim Modell "TOP" müssen dann für die Ermittlung der Spannungen in der verstärkten Materiellen Subeinheit nur die an ihren horizontalen Rändern (z.B. ) angreifenden vertikalen Linienlasten

66)

berücksichtigt werden.

Im Einklang mit der Oberflächenhypothese in Abschnitt Nr. 1.3.1 dieses Kapitels kann σ(z) dann der Druckfestigkeit  oder der Zugfestigkeit  des Modellschaumglases "BETA" gleichgesetzt werden, sobald die grösste Hauptzugspannung an irgend einer Stelle der inneren Oberfläche seiner Polyederblasen die Bruchfestigkeit σB(n) seiner als Kontinuum aufgefassten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas erreicht. Deshalb sollen zur Ermittlung der Bruchfestigkeiten  und  die Spannungszustände auf den Oberflächen der Zellwandungen genau bekannt sein. Die dazu erforderlichen Spannungsanalysen konnten unter Ausnutzung der Symmetrien auf ein "Achtel" der verstärkten Materiellen Subeinheit beschränkt werden. Dieser wurde für die numerischen Spannungsnachweise in 528 finite Elemente aufgeteilt und in Bild Nr. 39 dargestellt.

Wie die Gleichungen Nr. 1, Nr. 26 und Nr. 63 beweisen, hängt das Verhältnis  zwischen der Stärke t und der Länge a, welche die Grundpolyeder des Modellschaumglases "BETA beschreibt, nur von seiner Dichte ρ und vom Porenanteil n seiner Zellwandfolien aus Kugelschaumglas alleine ab. Dieses Verhältnis  beeinflusst aber den Anteil der Biegenebenspannungen auf den Oberflächen der Zellwandfolien entscheidend, indem bei kleinem  der Membranspannungszustand vorherrscht und bei grossem  die Biegewirkung sich sehr stark bemerkbar macht (siehe Diagramm auf Bild Nr. 48). Aus diesen Gründen kann auf die massgebende Beeinflussung des Bruchverhaltens des Modellpolyederschaumglases "BETA" durch das Verhältnis  =f (ρ,n) und die Zugfestigkeit  (n∗ = 0) des Glasgrundmaterials der Zellwandfolien aus Kugelschaumglas (Oberflächenhypothese) geschlossen werden. Für die Ausführung der numerischen Spannungsanalysen, welche die Grundlagen der Prognosen der Bruchfestigkeiten des Modellpolyederschaumglases "BETA" bilden, brauchte nach dem weiter oben Gesagten nur das Verhältnis  =f (ρ,n) bei Nullsetzen des Parameters n variiert zu werden, da die entsprechenden Werte für andere n≠0 wegen der Oberflächenhypothese proportional umgerechnet werden können.

Bild Nr. 39.   Aufteilung der durch Ausnützung der Symmetrien reduzierten verstärkten Materiellen Subeinheit des Modellschaumglases "BETA" in 528 finite Elemente

Die Zugfestigkeiten, die Elastizitätsmoduln und die Querdehnungszahlen der als Kontinuum betrachteten Zellwandfolien aus Kugelschaumglas wurden gemäss Abschnitt Nr. 1.3.1 zu

67)

68)E(n)=E(n=0)⋅𝚎−3.95n=72′600⋅𝚎−3.95n

und

69)ν(n)=ν(n=0)=0.21

angenommen.

In der Tabelle auf Seite Nr. 79 wurden die Rechenergebnisse zusammengestellt. Bild Nr. 40 zeigt als Schaubild die Ergebnisse dieser Berechnungen. Es zeigt sich dabei, dass die Dichte ρ des Modellschaumglases einen massgebenden Einfluss auf die Bruchfestigkeiten  und  ausübt, wohingegen dies in Bezug auf den Porenanteil n der Zellwandfolien aus Kugelschaumglas nicht mehr so deutlich gesagt werden kann.

Da das Modellpolyederschaumglas "BETA" eine homogene Anisotropie aufweist, gilt bezüglich seiner Elastizität dieselbe Theorie wie für das Modell "TOP" in Abschnitt Nr. 1.3.2. Das bedeutet, dass auch im Bezugssystem x1,x2,x3 auf Bild Nr. 35 der Zusammenhang zwischen dem Spannungsvektor  und dem Verzerrungsvektor durch die Beziehung

70)

ausgedrückt werden kann 1)

  • 1)Die Vektoren  und  wurden in Abschnitt Nr. 1.3.2.2.4 definiert.

Bild Nr. 40.

Wie bereits in Abschnitt Nr. 1.3.3.1. gesagt, bilden die Symmetrieelemente des Modellschaumglases "BETA" die Punktgruppe (Kristallklasse) mmm oder 2/mm. Folglich weist die symmetrische Matrix (cij) der Elastizitätsmoduln cij nach dem Neumann'schen Prinzip (siehe Abschnitt Nr. 1.3.2.2.4.) folgende Struktur auf:

71)

Grund- und Aufriss des Zellwerkes des Modellschaumglases "BETA" auf Bild Nr. 36 zeigen eine Schichtstruktur (ABABA ...); In Richtung z wechselt immer eine Schicht A von β -Flächner, deren x1-Achsen (siehe Bild Nr. 35) in Richtung x des Raumes ausgerichtet sind, mit einer Schicht B von β -Flächner, deren x1- Achsen in Richtung y des Raumes weisen, ab.

Als Konsequenz der soeben beschriebenen Morphologie seines Zellwerkes können beim Modellschaumglas "BETA" bezüglich den Richtungen x und y des Raumes nur gleiche mechanische Verhaltensweisen erwartet werden. Auf Grund dieser Tatsache bestehen zwischen den Elementen cij der Matrix (cij) die Beziehungen

c11=c12;c13=c23 und c44=c55 .

Die Matrix der Elastizitätsmoduln cij weist dann folgende vereinfachte Struktur auf

72)

Ein Einkristall, dessen Symmetrieelemente die Punktgruppe oder Kristallklasse 4/mmm bilden, besitzt eine Matrix (cij), welche die gleiche Elementenstruktur aufweist!

Trotz der Tatsache, dass die Elastizität des Modellschaumglases "BETA" nur durch die sechs Elastizitätsmoduln

c11,c33,c44,c66,c12 und c13

genau beschrieben werden kann, wurden zwecks unserer groben Abschätzungen nur die unter der äusseren Belastung σ(z)=−σ3 auftretenden Grössen

73)

74) und

75)

rechnerisch bestimmt.

Dabei gelten folgende Gleichheiten:

  • 1)σ3=−σ(z)
  • 2)ε3(z)
  • 3)ε(x)(y)1z
  • 4)ν(z,x)=ν(z,y)

In den folgenden Ausführungen sollen die Werte E(z) und ν(z,x) = ν(z,y) als Elastizitätsmodul beziehungsweise als Querdehnungszahl des Modellschaumglases bezeichnet werden!

In der Tabelle auf Seite 79 wurden auch die simultan mit den Bruchfestigkeiten an der verstärkten Materiellen Subeinheit bestimmten Werte E(z) und ν(z,x)=ν(z,y) eingetragen. Die Bilder Nr. 41 und Nr. 42 zeigen die Graphen E(z)(ρ,n) beziehungsweise ν(z,x)(ρ,n)=ν(z,y)(ρ,n) für die Parameter n=0.00, n=0.20 und n=0.40.

In den für das Modell "TOP" geltenden Diagrammen auf den Bildern Nr. 26, 27, 33 und Nr. 34 wurden auch die Graphen  (ρ,n=0),  (ρ,n=0), E(z)(ρ,n) und ν(z,x)(ρ,n=0)=ν(z,y)(ρ,n=0) des Modellpolyederschaumglases "BETA" eingetragen.

Obwohl das Modellschaumglas "BETA" nur für eine äussere Flächenbelastung σ(z) in Richtung z des Raumes untersucht wurde, zeigen die soeben erwähnten Schaubilder, dass sich die Voraussagen der beiden Modelle "TOP" und "BETA" in Bezug auf die mechanischen Eigenschaften nicht wesentlich unterscheiden. Deshalb soll für die künftigen theoretischen Untersuchungen nur das Modellschaumglas "TOP" verwendet werden.

Bild Nr. 41.  Der Elastizitätsmodul des Modellschaumglases "BETA"

Bild Nr. 42.  Querdehnungszahl des Modellschaumglases “BETA“

 
B.1.3.4. Das Modellschaumglas "ORTHO"
 
B.1.3.4.1. Vorstellung des Modells

Die bisher betrachteten Modellpolyederschaumgläser "TOP" und "BETA" sind anisotrop! Im Hinblick auf die Möglichkeit, Schaumglasziegel im Strangpressverfahren zu erzeugen, wollen wir ein neues ideelles Polyederschaumglas betrachten, das eine betonte "Orthotropie" aufweist1). Am einfachsten kann das Zellwerk eines solchen Modellschaumglases durch die affine Transformation des Zellwerkes des Modellschaumglases "TOP" in Richtung z des Raumes (siehe Bild Nr. 11) gewonnen werden2),

Bild Nr. 43.  Grundpolyeder des Modellschaumglases "ORTHO"

Bild Nr. 43 zeigt in Grund- und Aufriss den Elementarpolyeder des Zellwerkes des so erhaltenen neuen Polyederschaumglases, das kurz "Modellschaumglas "ORTHO” genannt werden soll. Dieser Grundpolyeder ist eine Kombination der Formen: Tetragonale Dipyramide, Tetragonales Prisma und Basisbinakoid.

Da es sich eigentlich um eine Tetragonale Dipyramide mit abgeschnittenen Ecken handelt, wollen wir sie künftig als "Abgeschnittene Tetragonale Dipyramide" bezeichnen!

  • 1)Das Wort "Orthotropie" ist ein Synonym für "Orthogonale Anisotropie".
  • 2)Kristallographisch: "Homogene Verzerrung entlang z-Achse".

Dieses Polyeder weist folgende Symmetrieelemente auf:

  • 1)eine mit der z-Achse (=x3-Achse) zusammenfallende vierzählige Drehachse;
  • 2)zwei auf den Koordinatenachsen x und y liegende zweizählige Drehachsen;
  • 3)zwei durch die x1- und x2- Achsen definierte zweizählige Drehachsen;
  • 4)fünf Symmetrieebenen, von welchen jede eine der obigen Drehachsen rechtwinklig im Schwerpunkt S des Grundpolyeders schneidet; und
  • 5)ein Symmetriezentrum.

Diese Symmetrieelemente bilden eine Punktgruppe, die mit dem allgemein gebräuchlichen Symbol 4/mmm bezeichnet und zum tetragonalen Kristallsystem zugeordnet wird. Diese Punktgruppe 4/mmm gilt natürlich auch für den allseitig unbegrenzten Körper aus Modellschaumglas "ORTHO".

Weil das Zellwerk des Modellschaumglases "TOP" infolge obiger affiner Transformation nur ein Sonderfall des neuen Modelles bildet, können Grund-und Aufriss auf Bild Nr. 11 auch für die graphische Darstellung des Modellschaumglases "ORTHO" verwendet werden.

Die Geometrie des Zellwerkes des Modellschaumglases "ORTHO" steht im Widerspruch zu den Prinzipien von J. Plateau (siehe Kapitel A, Abschnitt 1.2.)! Die auf die Volumeneinheit bezogene Mittelfläche der Wandfolien des Modellschaumglases "ORTHO" beträgt

76)

Die Parameter a und ε auf der rechten Seite dieser Gleichung wurden auf Bild Nr. 43 eingetragen!

Bezüglich den weiteren Untersuchungen werden die Plateauränder (siehe Bild Nr. 14) vernachlässigt und die ebenen Zellwandfolien der konstanten Stärke t des Modellpolyederschaumglases als aus kompakten Glasgrundmaterial bestehend angenommen (d.h. n=0).

Unter Vernachlässigung des Einflusses der Durchdringung je dreier ebenen Zellwandfolien der Stärke t im Bereiche ihrer gemeinsamen "Schnittlinie"

beträgt der gesamte Porenanteil des Modellpolyederschaumglases "ORTHO"

77)n=1−Sv⋅t

Damit nimmt nach Gleichung Nr. 1 die Dichte des Schaumglases den Wert

78)

 
B.1.3.4.2. Die Bruchfestigkeiten und das elastische Verhalten des Modellschaumglases "ORTHO"

Wie beim Modellschaumglas "TOP" kann das Zellwerk des Modellschaumglases "ORTHO" auch durch die periodische Anordnung von lauter kongruenter "Subeinheiten" gewonnen werden.

Eine solche Subeinheit zeigt Bild Nr. 44.

Bild Nr. 44.  Subeinheit des Modellpolyederschaumglases "ORTHO"

Ein Betrachter des Bildes Nr. 11 kann feststellen, dass die Zweizähligkeit der Drehachsen, auf denen sämtliche horizontalen und vertikalen Ränder (z.B.  ) der betrachteten Subeinheit liegen, durch die affine Transformation in Richtung der z-Achse (Vierzählige Drehachse) erhalten bleibt.

Hier soll nur die auf das Schaumglas wirkende in x- und y- Richtung unbegrenzte Flächenlast σ(z) betrachtet werden! Wie ein Vergleich mit Abschnitt Nr. 1.3.2. zeigt, werden dann die geometrischen Randbedingungen (Verträglichkeitsbedingungen) an sämtlichen horizontalen und vertikalen Kanten der Subeinheiten des Zellwerkes des Modellschaumglases "TOP" durch die affine Transformation, die zum Zellwerk des Modellschaumglases "ORTHO" führt, nicht verändert. Daher gelten für die Ränder der Subeinheiten des Modellschaumglases "ORTHO" dieselben geometrischen Randbedingungen wie für die Subeinheiten des Modellschaumglases "TOP". Deshalb können alle Materiellen Subeinheiten des Modellschaumglases "ORTHO" auf die genau gleiche Art wie beim Modell "TOP" durch das Anbringen von fiktiven Randträgern verstärkt werden. Diese Verstärkungen verursachen keine zusätzlichen Zwängungen im Modellschaumglas. Schneidet man gedanklich eine solche verstärkte Materielle Subeinheit aus dem Modellschaumglas "ORTHO", so erzwingen diese Randträger ihre geometrische Verträglichkeit mit den übrigen verstärkten Materiellen Subeinheiten des Schaumglases, wobei die Spannungs- und Verformungszustände in der Materiellen Subeinheit nicht beeinflusst werden.

Analog wie beim Modell "TOP" müssen dann für die Ermittlung der Spannungen in der verstärkten Materiellen Subeinheit nur die an ihren horizontalen Rändern angreifenden vertikalen Linienlaste

79)p(z)=а⋅σ(z)

berücksichtig werden (siehe Bild Nr. 44).

In Uebereinstimmung mit der Oberflächenhypothese in Abnschnitt Nr. 1.3.1 erreicht σ(z) dann die Druckfestigkeit  oder die Zugfestigkeit  des Modellpolyederschaumglases "ORTHO", sobald die grösste Hauptzugspannung auf der Oberfläche irgend einer seiner Zellwandfolien den Wert σB(n=0) annimmt. Darum sollen die Randspannungszustände der Zellwandfolien möglichst genau bekannt sein!

Zu den notwendigen numerischen Spannungsberechnungen wurde die verstärkte

Materielle Subeinheit unter Benutzung verschiedener Symmetrieebenen auf ein "Sechzehntel" beschränkt. Dieser "Sechzehntel" besteht aus 340 finiten Elementen und wurde für den Spezialfall  auf Bild Nr. 25 zeichnerisch festgehalten.

Nach Gleichung Nr. 78 hängt das Verhältnis  zwischen der Stärke t und der die Grundpolyeder des Zellwerkes des Modellpolyederschaumglases "ORTHO" beschreibende Länge a nur von seiner Dichte ρ und dem Parameter ε ab. Dieses Verhältnis  beeinflusst aber den Anteil der Biegenebenspannungen auf den Oberflächen der Zellwandfolien entscheidend, indem bei kleinem  der Membranspannungszustand vorherrscht und bei grossem  die Biegewirkung sich sehr stark bemerkbar macht. Aus diesen Gründen kann geschlossen werden, dass das Bruchverhalten des Modellpolyederschaumglases "ORTHO" neben dem Verhältnis  = f (ρ,ε)auch von der Zugfestigkeit  (n=0) des Glasgrundmaterials der Zellwandfolien - Oberflächenhypothese - massgebend beeinflusst wird.

Für die Spannungsanalysen, die die Grundlage der Prognosen der mechanischen Verhaltensweisen des Modellpolyederschaumglases "ORTHO" bildeten, wurden nur die Verhältnisse  = f (ρ,ε) bei jeweils konstant gehaltenem Parameter ε variiert.

Die Zugfestigkeit, der Elastizitätsmodul und die Querdehnungszahl der als Kontinuum betrachteten Zellwandfolien aus Vollglas wurden gemäss Abschnitt Nr. 1.3.1 zu

E(n=0)=72′600 N / mm2 und

ν (n=0)=0.21          angenommen!

Die Kerbwirkungen an den Stellen, wo sich je drei Zellwandfolien schneiden, wurden für die Bestimmung der Bruchfestigkeiten vernachlässigt.

In der Tabelle auf Seite 91 wurden die Ergebnisse der so ermittelten Druck und Zugfestigkeiten ( ,) zusammengestellt und in Bild Nr. 45 graphisch dargestellt.

Bild Nr. 45.  Die Bruchfestigkeit des Modellschaumglases "ORTHO"

Da das Modellpolyederschaumglas "ORTHO" eine homogene Anisotropie aufweist, gilt bezüglich seiner Elastizität dieselbe Theorie wie für das Modell "TOP" in Abschnitt Nr. 1.3.2. Das bedeutet, dass auch im Bezugssystem x1,x2,x3auf Bild Nr. 43 der Zusammenhang zwischen dem Spannungsvektor und dem Verzerrungsvektor durch die Beziehung

80)

ausgedrückt werden kann 1).

Wie bereits gesagt, bilden die Symmetrieelemente des Modellschaumglases "ORTHO" die Punktgruppe (Kristallklasse) 4 / mmm. Somit weist die symmetrische Matrix (cij) der Elastizitätsmoduln cij nach dem Neumann'schen Prinzip (siehe Abschnitt Nr. 1.3.2.2.4.) folgende Struktur auf:

81)

Trotz der Tatsache, dass die Elastizität des Modellschaumglases "ORTHO" nur durch die sechs Elastizitätsmoduln c11,c12,c13,c33,c44 und c66 genau beschrieben werden kann, wurden für unsere groben Abschätzungen nur die unter der äusseren Belastung σ(z)=−σ3 auftretenden Grössen

82)

83) und

84)

rechnerisch bestimmt.

  • 1)Die Vektoren  und  wurden in Abschnitt Nr. 1.3.2.2.4. definiert.

Dabei gelten folgende Gleichheiten:

  • 1)σ3=−σ(z) ;
  • 2)ε3=ε(z) ;
  • 3)ε(x)=ε(y)=ε12 , und
  • 4)ν(z,x)=ν(z,y).

In den folgenden Ausführungen sollen die Werte E(z) und ν(z,x)=ν(z,y) als Elastizitätsmodul beziehungsweise als Querdehnungszahl des Modellschaumglases bezeichnet werden!

In der Tabelle auf Seite 91 wurden auch die simultan mit den Bruchfestigkeiten an der verstärkten Materiellen Subeinheit bestimmten Werte E(z) und ν(z,x)=ν(z,y) eingetragen. Bild Nr. 46 zeigt die Graphen E(z)(ρ,ε) und ν(z,x)(ρ,ε)=ν(z,y)(ρ,ε) für die drei Parameter ε=0.25;   und ε=3.0.

Die Diagramme in den Bildern Nr. 45 und Nr. 46 lehren, dass die Bruchfestigkeiten  und  sowie die Elastizitätsmoduln E(z) des Modellschaumglases "ORTHO" bei gleichbleibender Dichte ρ mit steigendem Wert des Parameters ε sehr stark anwachsen. Diese Erkenntnis kann natürlich auch auf reale stark orthotrope Polyederschaumgläser in angepasster Art und Weise übertragen werden.

Das Beispiel des Modelles "ORTHO" weist darauf hin, dass bei Druckbelastung - analog wie bei den handelsüblichen Isolierbacksteinen - Schaumglasbausteine mit länglichen polyedrischen in Richtung der Druckspannungstrajektorien ausgerichteten Poren optimale Trageigenschaften zeigen werden.

Bild Nr. 46.  Elastizitätsmodul und Querdehnungszahl des Modellschaumglases "ORTHO"

 
B.1.4. Wege zu optimalen Schaumgläsern

Unter optimalen Schaumgläsern sollen solche verstanden werden, welche eine möglichst hohe spezifische Druckfestigkeit

85)

aufweisen.

Die Materiellen Zellwerke der bisher behandelten Modellschaumgläser "TOP", "BETA" und "ORTHO" bestehen aus ebenen Zellwandfolien. Deshalb war es naheliegend, die Beeinflussung ihrer Druckfestigkeiten σdB für den Fall (siehe Bild Nr. 47) zu untersuchen, wo die Dicke t jeder Zellwandfolie von ihrer Mitte (t=δ1) bis an ihre Ränder (t=δ2=k3δ1) stetig wächst.

Bild Nr. 47.  Schnitt des Modellschaumglases "TOP" mit der xz - Ebene

Dies wurde am Beispiel des Modellschaumglases "TOP" mit verschwindenden Plateauränder (r=0)ausgeführt! Dabei wurden die Zellwandfolien als aus "porenfreiem" Glas bestehend angenommen und die Kerbwirkungen an ihren Berandungen für die Bestimmung der Bruchfestigkeiten σdB vernachlässigt.

Da wir der Einfachheit halber nur Belastungen in Richtung z des Raumes untersuchen wollen, konnte für die Prognosen der Druckfestigkeiten  des so modifizierten Modellpolyederschaumglases seine verstärkte Materielle Subeinheit (genau gleich wie in Abschnitt Nr. 1.3.2.2.1.) auf ein Sechzehntel reduziert und in 340 finite Elemente eingeteilt werden. Es darf aber nicht vergessen werden, dass die Dicken der Elemente der variablen Zellwandfolienstärke angepasst wurden.

Für den Porenanteil n des Schaumglases gilt die Relation

86)

Das letzte Glied in dieser Gleichung berücksichtigt den Einfluss der Durchdringung je dreier Zellwandfolien in der näheren Umgebung ihrer gemeinsamen "Schnittkante". Der Koeffizient k drückt, wie in Bild Nr. 47 dargestellt, das geometrische Wachstumsverhältnis der Stärken der Zellwandfolien aus.

Eine weitere Möglichkeit der Suche nach optimalen Polyederschaumglasmikrostrukturen besteht in der Variation der auf die Mittelfläche der Polyederzellwandfolien bezogenen spezifischen Oberflächen Sv .Wir wollen aber für den weiteren Verlauf dieser Abhandlung davon absehen.

Das Diagramm auf Bild Nr. 48 zeigt, dass der Koeffizient k die Grösse der Druckfestigkeiten  unwesentlich beeinflusst 1). Somit können die Druckfestigkeiten des Polyederschaumglases durch variieren der Stärke t der Zellwandfolien nicht erheblich verbessert werden.

Im gleichen Bild Nr. 48 wurde auch der Verlauf der Druckfestigkeiten  und  =  des Modellpolyederschaumglases "TOP" bei Vernachlässigung der Nebenspannungen aus Biegewirkung in Abhängigkeit von der Dichte ρ eingezeichnet, dazu wurden die Radien der Plateauränder gleich Null gesetzt. Das Diagramm zeigt am Beispiel des Schaumglasmodelles "TOP", wie bei Vernachlässigung der Nebenspannungen die Druckfestigkeiten wesentlich gegenüber denjenigen ansteigen, die man erhält, wenn diese sekundären Biegespannungen in die Berechnungen einbezogen werden. Allgemein kann daher behauptet werden, dass optimale Schaumglasmikrostrukturen Morphologien aufweisen sollen, bei denen die Nebenspannungen aus Biegung der Zellwandfolien vernachlässigt werden können.

  • 1)In Bezug auf die Zugfestigkeit  ist der Einfluss von k noch unbedeutender

Bild Nr. 48.  Die Druckfestigkeiten des Modellpolyederschaumglases "TOP"

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B.2. Versuche über die mechanischen Eigenschaften des Schaumglases