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Mikrostruktur
und mechanisches Verhalten des Schaumglases
 
von Dr. sc. techn. ETH Rudolf Trinkner
B.3. Weitere Einflüsse auf die Bruchfestigkeiten des Schaumglases
 

Die Bruchfestigkeiten des Schaumglases werden durch die Eigenschaften seiner Ausgangsstoffe (i.a. Glas und Blähmittel) sowie die chemisch-physikalischen Vorgänge während dem Herstellungsverfahren massgebend beeinflusst. Folgende wichtige Parameter sollen in diesem Zusammenhänge beachtet werden:

  • 1)die chemische Beschaffenheit des Rohmaterials Glas;
  • 2)die Art des Blähmittels;
  • 3)die gewichtsmässige Zusammensetzung der Ausgangsmischung aus Glaspulver, Blähstoff und eventuell eines Zusatzes;
  • 4)die Menge des chemisch nicht reagierten Blähmittels in den Zellwandfolien;
  • 5)die spezifische Oberfläche, Homogenität und Kornverteilungskurve der Ausgangsmischung; und
  • 6)die Führung der Temperaturganglinie während dem Herstellungsprozess.

Bleibende Eigenspannungen, die beim Abkühlungsvorgang des Schaumglases entstehen (Annealing-Prozess) fördern den Sprödbruch und schwächen seine Endfestigkeiten. Daher soll dem Einfluss des Annealprozesses auf die Bruchfestigkeiten des Schaumglases höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Bei der Erzeugung des in dieser Arbeit geprüften Schaumglases wurde der Abkühlungsvorgang so gesteuert, dass die Eigenspannungen infolge Annealing vernachlässigt werden konnten.

In Abschnitt Nr. 1.3.1 des Kapitels A wurde am Beispiel einer Kugelschaumglasprobe aus gesintertem farbigem Altglaspulver gezeigt, dass im Grundmaterial des Schaumglases Spuren von Cristobalit vorhanden sein können. Es handelt sich dabei um α - Cristobalit, das bei der Abkühlung des Schaumglases

im Umwandlungsbereich von 220°C bis 280°C aus β - Cristobalit entsteht. Da diese Kristallstrukturumwandlung gleichzeitig mit einer grossen Volumen abnahme verbunden ist, entstehen dabei Schrumpfspannungen, die eine ungünstige Beeinflussung der Bruchfestigkeiten des Schaumglases bewirken würden. Darum wurde der Abkühlungsprozess der von uns hergestellten Schaumglasproben so gesteuert, dass eine Cristobalitbildung mit ihrem schädlichen Einfluss auf die Bruchfestigkeiten des Endproduktes praktisch ausser acht gelassen werden konnte.

Bezüglich des Einflusses der Mikrostruktur des Schaumglases auf sein mechanisches Verhalten wurde in der vorliegenden Schrift genügend ausführlich berichtet. Es bleibt daher nur noch ergänzt zu werden, dass eine Beeinflussung der statischen Eigenschaften des Polyederschaumglases durch den Gehalt an offenen Zellen mit Sicherheit vernachlässigt werden darf.

Die Abhängigkeit der Bruch- und elastischen Verhaltensweise eines Körpers aus Polyederschaumglas von seiner Gestalt kann am Beispiel des Prüfzylinders (siehe Bild Nr. 49) durch das Verhältnis  so ausgedrückt werden. Bei grossem L̅3 / L treten an den Stellen, wo die Zellwandfolien des Polyederschaumglases die Prüfzylinderoberfläche berühren, starke Randeffekte auf, wohingegen diese im umgekehrten Falle ( L̅3 / L klein) vernachlässigt werden können.

Wie bereits erwähnt, wurden bei den Druckversuchen die Prüflinge in der Prüfmaschine mittels Gummiplatten gelagert. Diese Auflagerung verursacht in den Endbereichen der Prüfkörper einen günstigen räumlichen Druckspannungszustand. Es könnte noch zutreffen, dass ceteris paribus eine abnehmende mittlere Abschnittslänge L̅3 die Bruchfestigkeiten des Polyederschaumglases erhöht.

Die bisherigen Ausführungen zeigen, warum bei der Herstellung der in der Einführung zu dieser Dissertation erwähnten drei Schaumglastypen (feinzelliges Schaumglas, Schaumglasart 1, Schaumglasart 2) streng darauf geachtet wurde, dass innerhalb eines Typs (z.B. Schaumglasart 1) jeweils nur ein Herstellungsparameter geändert werden durfte, um verschiedene Dichten ρ zu erreichen.

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C. Verknüpfung der gewonnenen theoretischen und empirischen Erkenntnisse